Zur Situation des Europäischen Aals

Sowohl Fischer als auch Angler stellen seit Jahren einen Rückgang bei ihren Fängen von Aalen fest.
Was für die Angler reines Hobby ist, bedeutet für viele Fischer die wichtigste Säule ihres Broterwerbs, da beim Verkauf von Aal in allen Bearbeitungsformen (noch) eine recht hohe Gewinnmarge existiert.

Die Ursachen für den Rückgang der Aalbestände in Deutschland sind oft diskutiert und analysiert worden. Die einzige Wahrheit existiert aber auch hier nicht.
Ganz sicher ist jedoch, dass es eine Fülle von Faktoren gibt, die für die permanente Verringerung der Aalpopulation verantwortlich sind. Das hängt nicht zuletzt mit der Brutbiologie dieser geheimnisvollen Fischart zusammen.

Nicht nur der Weg zu den Laichplätzen, mit dem noch immer nicht live verfolgten Fortpflanzungsakt und dem nachfolgenden Absterben einer ganzen Laichergeneration, sondern auch die Geschehnisse beim beschwerlichen und langen Rückweg der Weidenblattlarven bzw. Glasaale an die Küsten Westeuropas sind nicht annähernd entschlüsselt.

Die Forschung versucht auf Grund des rasanten Einbruchs der Individuenzahlen mehr über diese Lebenszyklen zu erfahren. So ist z.B. in jüngster Vergangenheit mit besenderten Blankaalen festgestellt worden, dass ein großer Teil dieser Aale auf dem Wege zum Laichplatz in die Sargasso-See bereits im Ärmelkanal und im Atlantik von Raubfischen (Thunfischen, Haien etc.) gefressen wird.

Weitere Verluste entstehen alljährlich durch den Kormoran, der ein exzellenter Taucher ist und den Aal auch aus dem Gewässergrund herausziehen kann. Die Verluste durch diese gefräßige Vogelart werden seitens der Vogelschutz-NGO immer wieder kleingeredet, sind jedoch auf Grund unzähliger Untersuchungen zur Nahrungszusammensetzung dieser ausschließlichen Fischfresser eindeutig belegbar!

Doch nicht nur die durch Mensch und (Raub)Tier verursachte Sterblichkeit sorgt für den Bestandsrückgang beim Aal.
Sowohl auf dem „Hinweg“ als auch auf dem „Rückweg“ existieren tödliche Fallen für die Aale. Wenn die Zeit reif ist und die deutlich veränderten Blankaale (stark vergrößerte Augen und Brustflossen, dunkelblausilbern glänzende Haut etc.) unter Einstellung ihrer Nahrungsaufnahme zum Laichgebiet aufbrechen, lauern - je nach Fluss - eine ganze Reihe von Gefahren durch Querverbauungen der Fließgewässer. So werden in großen Wehren mit Anlagen zur Energiegewinnung durch Wasserkraftanlagen –zig Tausende Aale verletzt und getötet, die für die Weiterexistenz der Art natürlich fehlen. Das Fatale daran ist, dass das „Erneuerbare Energien Gesetz“, welches die vermehrte Nutzung von natürlicher Energie, u.a. aus Wasserkraft propagiert, den Forderungen nach Wiederherstellung der Durchgängigkeit von Fließgewässern aus der EU-Wasserrahmenrichtlinie diametral gegenübersteht!

Auf dem Weg der jungen Aallarven zurück in ihre Heimatgewässer gibt es neben Fressfeinden ebenfalls eine ganze Reihe von Gefahren, u.a. durch das Einsaugen dieser winzigen Fischchen in Kühlwasserkreisläufe von Kraftwerken welcher Art auch immer.
Eine nicht zu unterschätzende Verlustquelle sind ebenfalls die illegalen Glasaal-Exporte nach Fernost, die astronomische Gewinnmargen versprechen, die nur mit denen beim Drogenhandel vergleichbar sind. In letzter Zeit gibt es vermehrt in den Medien Beweise, wie dieses gewinnbringende illegale Geschäft abgewickelt wird. Selbst in mit einfachen Mitteln umgebauten Reisekoffern werden Millionen Glasaale nach Asien verfrachtet und somit dem natürlichen Bestand entnommen.

Auf Grund der prekären Lage bei der Bestandssituation hat die EU mehrfach in Form von Verordnungen, Managementplänen etc. reagiert.
Seit Inkrafttreten der EU-Aalverordnung im Jahre 2007 existieren Aal-Bewirtschaftungspläne, die den Fang regulieren und die Erhaltung der Art sichern sollen. Deutschland hat fristgerecht für seine Fließgewässereinzugsgebiete derartige Pläne bei der EU-Kommission eingereicht.
Außerdem gibt es seit Ende 2017 ein auf 3 Monate befristetes Fangverbot für Nord-, Ostsee und Atlantik für Aale ab 12 cm Länge, welches die EU-Staaten zwischen September 2018 und Ende Januar 2019 legen können. Damit wurde ein generelles Aal-Fangverbot – wie von der EU-Kommission gefordert - gerade noch so verhindert!

Neueste Erhebungen im Rahmen des Berichts der deutschen Behörden an die EU-Kommission belegen leider, dass in der Mehrzahl der betrachteten großen Fließgewässereinzugssysteme die seitens der EU geforderte Rückwanderquote für Blankaale von 40 % nicht erreicht wird. So beträgt z.B. in der Elbe diese Rate der Abwanderung nur 7 %! Damit steht fest, dass etwas getan werden muss, um ein drohendes vollständiges Fang- und Vermarktungsverbot für den Aal in Deutschland zu verhindern.

Dazu sind mit den Verantwortlichen des Bundes als auch der einzelnen Länder unter Hinzuziehung wissenschaftlicher Einrichtungen Gespräche geführt worden, wie man dies bewerkstelligen will.

Im Land Sachsen-Anhalt wurden Maßnahmen diskutiert bzw. als Vorschlag zur Verbesserung der Situation beim Aal an die EU-Kommission weitergemeldet. So soll im gesamten Elbeeinzugsgebiet laut angewendeter Rechenmodelle eine Anhebung des Mindestmaßes auf 52 statt 50 cm bessere Prognosen liefern. Hauptaugenmerk wird jedoch auf eine Erhöhung der Besatzmaßnahmen um bis zu 10 % gelegt. Das wiederum setzt voraus, dass die Förderung dieser Maßnahmen auch zukünftig in derselben Höhe seitens unseres Bundeslandes gewährleistet wird. Das wurde von verantwortlicher Stelle zugesagt.
Dabei darf natürlich nicht die Bereitschaft der Angler und Fischer zum Mittragen dieser Steigerung sowohl in materieller als auch personeller Hinsicht vergessen werden. Schließlich steigt auch der Eigenanteil an den Kosten in Höhe von 20 % anteilmäßig an. Beide Interessengruppen haben dazu jedoch bereits Zustimmung signalisiert.

Wenn die beiden vorgenannten Maßnahmen nicht ausreichen sollten, besteht die Bereitschaft, in den Wintermonaten u.U. eine dreimonatige Schonzeit zu akzeptieren.

Zusammenfassend muss man feststellen, dass es immer noch nicht gut aussieht was die Aalpopulation betrifft. Die EU-Kommission drängt auf rasche und restriktive Maßnahmen.

Was hier leider nicht genügend Berücksichtigung findet ist die Tatsache, dass der Aal für seinen Lebenszyklus vor allem eines benötigt - nämlich Zeit! Diesem Faktor wird im Moment allerdings nicht ausreichend Rechnung getragen.

Andreas Schlüter, Fischereiberater LFV Sachsen-Anhalt e.V.